EU-Vorschläge zur Gewinnbesteuerung – kommen noch Verbesserungen für Unternehmen?

Die Europäische Union nimmt sich in Steuerfragen Zeit – vor allem, wenn es um Unternehmensgewinne geht: Bereits 2011 wurde der Vorschlag für eine "Gemeinsame Konsolidierte Körperschaftsteuerbemessungsgrundlage" (GKKB) vorgelegt. Fünf Jahre später bemühte sich die Kommission um ein Revival dieses – zwischenzeitlich nahezu gescheiterten – Vorschlags, indem sie eine EU-weit einheitliche Bemessungsgrundlage ohne grenzüberschreitende Verrechnung von Gewinnen und Verlusten anbot. 2021 kam dann die Mitteilung zur "Unternehmensbesteuerung im 21. Jahrhundert", woraus 2023 der aktuell diskutierte "Europäische Rahmen für die Körperschaftsteuer" (BEFIT) entstand.

Neuer europäischer Rahmen für die Körperschaftsteuer

BEFIT steht für "Business in Europe – Framework for Income Taxation". Das Konzept soll gleichzeitig Vereinfachungen und mehr Rechtssicherheit bringen: Die Steuerbemessungsgrundlagen der Mitglieder einer Unternehmensgruppe werden zusammengefasst und die Gewinne innerhalb der Gruppe nach einer einfachen Methode auf die beteiligten Staaten aufgeteilt. Die Unternehmensgruppe kommt ihren Verpflichtungen dann einmal im Ganzen nach, statt in jedem Mitgliedstaat gesonderte Steuererklärungen abzugeben.
Auf diesem Wege ließen sich die Steuerzahlungen der Gruppe viel einfacher ermitteln als bisher. Das hätte auch für die Steuerverwaltungen handfeste Vorteile. Ob die Steuerbescheide dann tatsächlich nicht mehr von verschiedenen Steuerbehörden hinterfragt und Gewinne zwischen mehreren beteiligten Staaten wirklich ohne Streit aufgeteilt würden, steht auf einem anderen Blatt.

Die Diskussion zieht sich in die Länge

Ohnehin ist BEFIT noch nicht in trockenen Tüchern. Denn die Zuständigkeit für die Ertragssteuern liegt bei den Mitgliedstaaten. Sie sind es, die Steuern einführen, aufheben, anpassen – und das alles innerhalb eines weit gefassten EU-Rahmens. Die EU kommt hier nur nachrangig ins Spiel, um das reibungslose Funktionieren des Binnenmarktes sicherzustellen. Ihre Mitglieder hüten ihre steuerpolitischen Rechte penibel und sind oftmals auch dann nicht bereit, Kompetenzen an Brüssel abzugeben, wenn ein Handeln der Union für zahlreiche Mitglieder oder die Staatengemeinschaft insgesamt Verbesserungen erreichen könnte. Die EU-Länder eint die begründete Sorge, dass ein Beschluss im Rat nahezu unumkehrbar wäre. Denn für jede Änderung gemeinsamer Steuerregeln braucht es die einhellige Zustimmung aller Mitglieder.

Bei den Unternehmen wächst die Verunsicherung

Es sind aber nicht nur die zurückhaltenden Nationalstaaten, auch Unternehmen reagieren zunehmend skeptisch, wenn sie von neuen Vorschlägen aus Brüssel hören: Denn letztlich müssen sie die Neuerungen umsetzen, oftmals zusätzlich zu den bestehenden Regelungen. Dabei wächst in den Betrieben in aller Regel der laufende Aufwand. Was auf jeden Fall zu Buche schlägt, sind hohe Umstellungskosten, insbesondere für Personalschulungen und den Aufbau von Compliance-Systemen. 
Schneller geht Steuergesetzgebung auf EU-Ebene offenbar, wenn – aus Sicht der EU-Kommission – Steuervermeidung bekämpft werden soll: Die Anti-Steuervermeidungsrichtlinien ATAD I bis III wurden, in drei Wellen, jeweils innerhalb eines Jahres erlassen. Und die dazu gehörige verfahrenstechnische Absicherung, die "EU-Amtshilferichtlinie", wurde in einem Zeitraum von zehn Jahren schon sieben Mal geändert – stets verbunden mit einer Ausdehnung der steuerlichen Meldepflichten.

EU-Steuergesetzgebung sollte Wettbewerbsfähigkeit stärken

Die EU wird zukünftig noch viel stärker gefordert sein, die Wettbewerbsfähigkeit des Standortes Europa zu steigern. Die Konkurrenz zu den großen Wirtschaftsräumen USA und China beziehungsweise Asien gewinnt deutlich an Intensität. Um mit den in diesen Wirtschaftsräumen beschlossenen Reformen mithalten zu können, muss Europa seine Ertragsbesteuerung reformieren. Gefragt sind wachstumsfreundliche Anreize und einfache Regeln statt bürokratischer Erhebungsverfahren und kleinteiliger Meldepflichten. Eine solche Reformagenda der neuen EU-Kommission wird aber vermutlich nur dann aussichtsreich sein, wenn im Europäischen Parlament klare Mehrheiten für eine zukunftsorientierte Wirtschafts- und Finanzpolitik zustande kommen.